Lyrisches von Helmut Maier

Fragwürdigkeit von bürgerlichen Tugenden

Wozu taugt es,
viel Geld zu verdienen?
Taugt es dazu, eine ehrliche Haut zu sein
oder weiterhin sich
durchsetzen zu können?

Wozu taugt es,
sparsam zu sein?
Auf Genuss des Lebens
zu verzichten
oder das Leben der Menschheit
zu retten?

Wozu taugt es,
reinlich zu sein?
Bakterien und Viren
das Leben zu erschweren
oder sich abzugrenzen
von den Schmuddelkindern?

Wozu taugt es,
pünktlich zu sein?
Ein Schräubchen im Getriebe zu sein,
willfährig und willenlos,
und nirgends Sand im Getriebe
oder rechtzeitig das Richtige zu tun?

Wozu taugt es,
ordentlich zu sein?
Das Chaos zu vermeiden,
aus dem ein Stern geboren werden könnte,
oder das Zusammenleben
unterschiedlichster Menschen
zu gewährleisten, ohne dass es
Mord und Totschlag gibt?

Wozu taugt es fleißig zu sein?
Ziele anstreben zu können,
die den Menschen und Dir selber
ein besseres Leben ermöglichen,
oder Deine wahren Bedürfnisse
so lange hintenanzustellen,
bis Du Dich selber vergisst?

Bürgerlichkeit im Sinne
bürgerlicher Tugenden
kann diese Fragen
nicht lösen!

11 Kommentare

  1. manacur

    https://www.libinst.ch/?i=tugend-als-bollwerk-der-freiheit-
    schon 2005 wurde intensiv über den Wertewandel diskutiert.
    LG

  2. Helmut

    Danke für den Link, lieber Curt. Die Diskussion scheint sich – zumindest in Baden-Württemberg – wieder auf die „bürgerlichen“ Tugenden zu verengen (es gibt natürlich noch viel altmodischere!!!), nachdem laut Fritz Kuhn die Grünen in der Mitte der Bürgerlichkeit angekommen seien und sich Kretschmann etwa so äußerte : „Natürlich bin ich bürgerlich – was sonst?“

    Liebe Grüße
    Helmut

  3. Traveller

    du stellst klar heraus, das eine „bürgerliche Tugend“ nicht per se etwas gutes ist
    es gibt immer verschiedene Möglichkeiten, sie zu interpretieren
    und wie immer kommt es darauf an, wie mein Handeln aussieht

    lieben Gruß
    Uta

  4. Moni

    … und außerdem gibt es die „Spießbürger“ (was niemand sein will) und die „Bildungsbürger“ (die von ja gewissen Leuten belächelt/verachtet werden)…
    Soviel zu „bürgerlich“…

    Zum Glück gibt es im Stadtrat noch ein paar (?) gute Leute, oder?

    In diesem Sinne
    Moni

  5. Helmut

    Liebe Uta, wie wunderbar fasst Du zusammen, worum’s im Kern geht. Danke vielmals!
    Kant sieht sowieso keine allgemein gültigen Tugenden außer dem „guten Willen“.

    Liebe Grüße
    Helmut

  6. Helmut

    Liebe Moni,

    Meinst Du den Stuttgarter Gemeinderat oder den Aichwalder? Nun ja, ein paar gibt es sowieso meistens.

    Liebe Grüße
    Helmut

  7. Moni

    Ich meinte den Stuttgarter Gemeinderat – immerhin gibt es noch den Hannes R., der doch hoffentlich weitermacht…

    Im übrigen hab‘ ich gestern glatt „vergessen“ dazu zu schreiben, wie phänomenal ich deinen Text und alle 6 Verse finde. Denn manchmal fragt man sich (ich mich) tatsächlich, wozu „es“ taugt… Aber lieber fragen wir uns das als dass wir diese Eigenschaften verleugnen. Oder?

    Nachträglichkeitsgrüße
    Moni

  8. Anna-Lena

    Wozu?
    Dazu!

    Alles hat zwei Seiten und mir ist die wichtigere, ich zu sein und zu bleiben. das muss jeder selbst für sich entscheiden.

    Abendgrüße von
    Anna-Lena

  9. Helmut

    Danke für Eure Kommentare, Moni und Anna-Lena,

    und herzliche Grüße
    Helmut

  10. bruni kantz

    sinnvoll ist auf jeden Fall, darüber nachzudenken, sie zu hinterfragen, sie von allen Seiten zu beleuchten und sich über die sogenannten bürgerlichen Tugenden eigene Gedanken zu machen.
    Vieler Fragen sind sie würdig, keine Frage 🙂

    „Kant sieht sowieso keine allgemein gültigen Tugenden außer dem “guten Willen”.“

    Wie gut ist diese Aussage. Sie läßt Grenzen offen und auf Toleranz hoffen

    LG von Bruni

  11. Helmut

    Fragwürdig – würdig der Nachfrage. Dieses Dein Urteil freut mich sehr, liebe Bruni. Danke.

    Liebe Grüße
    Helmut

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