Lyrisches von Helmut Maier

Monat: Januar 2015 (Seite 1 von 2)

Das Geheimnis

Das leere Schneckenhaus.
Ich halt‘ es in der Hand.
Leer ist es?
Gewiss:
Die Schnecke ist
nicht mehr drin.
Gewiss:
Nichts ist mehr drin
außer der Luft,
die auch draußen ist.
Aber was war in dem Fleisch
der Schnecke?
Was dehnte sich aus
von einem Ende der Spirale
zum andern
im Fleisch der Schnecke
und ist noch nicht
verschwunden?

Das Geheimnis ist es,
das im Leben war,
als die Schnecke noch lebte,
das andere Lebewesen erfüllt,
solange sie leben;
und wenn sie verschwinden,
das Geheimnis bleibt
im Leben
und nach dem Sterben
von einer Spirale
hin zu der andern.

Das Geheimnis,
es bleibt.
Und ich rufe es an
und es hört mich
und die Hoffnung auf Leben,
sie bleibt.

Zuversicht*

Aktiv gegen Stuttgart 21

Zu Lichtmess erfahr ich bereits,
was die Wintersonnwende versprach:
Das Licht feiert Triumphe jeden Tag mehr.

Selbst wenn Schnee noch liegt auf den Fluren,
erschüttert’s die Zuversicht nimmer.

*ein Janka

Doomsday

Noch fünf vor zwölf –
das ist vorbei.
Die Wissenschaftler sehen es
gefährlicher nun an:
nur drei vor zwölf
geben sie noch Zeit.
Die Doomsday clock,
sie tickt. Die Kombination
von Klimawandel und Atomgefahr,
gefährlich ist sie, wie sie selten war:
Doch ruhen wir,
als wäre nichts.
Was hilft das Warnen?

Neuer Glanz eines Wortes

Laut ARD-Videotext von heute hat der französische Ministerpräsident Valls eine „territoriale, soziale und ethnische Apartheid“ in Frankreich konstatiert. Er sieht offenbar, dass der Kampf gegen Ungleichheit von zentraler Bedeutung sei.

So etwas hat man bisher von einem Regierungschef eines betroffenen Landes wohl noch nicht gehört.So eine Einsicht verdient Respekt!

Schluss mit Gedichten im Unterricht?

In Spiegel ONLINE vom Sonntag, 18.01.2015 – 12:55 Uhr (https://www.spiegel.de/schulspiegel/pressekompass-zu-schulkritik-via-twitter-von-naina-a-1013571.html) wird auf die Frage eingegangen, ob es nicht besser sei, in der Schule Mietrecht und Versicherungskunde zu lernen – statt Geschichte und Lyrik. Die Schülerin Naina hatte via Twitter eine entsprechende Debatte losgetreten.

Ich fürchte, dass bei mehr Gewicht auf Steuer-, Miet- oder Versicherungsrecht im Unterricht genauso nur Faktenwissen eine Rolle spielen könnte wie bei dem jetzigen Schwerpunkt auf Geschichte und Literatur. Wirklich wichtig ist doch, dass Schülerinnen und Schüler lernen , dass Mieten, Steuern und Versicherungen keine ewig gültigen Regelungen darstellen, warum es sie so und nicht vielleicht besser anders gibt. Diese Fähigkeiten etwas zu beurteilen lassen sich vielleicht genauso gut mit Hilfe von Gedichten oder durch Beurteilung von geschichtlichen Situationen lernen. Die lassen das womöglich eher zu als „reale“ Gegenwartsgegebenheiten, welche eine normative Kraft des Faktischen entwickeln und sich als ewig gültig in die Gehirne einbrennen, obwohl sie vielleicht völlig ungerecht sein können.

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