Lyrisches von Helmut Maier

Monat: Mai 2015 (Seite 1 von 3)

K21 auf dem Kirchentag

Mit einer Demonstration vor dem Hauptbahnhof protestiert die Bürgerbewegung gegen Stuttgart 21 am Samstag, 6. Juni, um 14 Uhr während des Evangelischen Kirchentages gegen den umstrittenen Tiefbahnhof. Hauptredner der Kundgebung, zu der die Parkschützer rund 8000 Teilnehmer erwarten, ist der Journalist Franz Alt. (Siehe Stuttgarter Zeitung: https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.stuttgart-21-grossdemo-gegen-s-21-beim-kirchentag-geplant.7ff55538-4c74-4830-9be4-c0cd278e4474.html

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Trauer

Verlust. Verwirrung.
Die alte Frage:
Wie kann das sein?

Anerkennen die Fügung: fatal.
Ich wische sie weg.
Sie hindert den Schmerz.
Ohne ihn aber
ist keine Heilung.

Nesenbach werde verlegt, lese ich – (nur?) sprachlich gesehen

Aktiv gegen Stuttgart 21

Was stellt sich der unbefangene Leser – und womöglich die unbefangene Leserin – der Esslinger Zeitung vom Pfingstsamstag vor, wenn sie/er dort die Überschrift zu Gesicht bekommt: „Nesenbach wird verlegt“? Zum einen ist der Nesenbach selbst vielen Bewohner*innen Stuttgarts gar nicht oder kaum bekannt, obwohl er einmal das beherrschende Gewässer im Talkessel war und alles, was von den Hängen her an sonstigem Wasser herkam, zum Neckar hin transportierte. Aber zu sehen ist er schon lange nicht mehr wirklich, wenn man den im Breuninger-Untergrund zur Schau gestellten Wasserlauf oder die künstlichen Bächlein im unteren Teil des Schlossgartens nicht als Nesenbach gelten lässt. Zum andern kommt die eine oder der andere vielleicht auf die Idee, nun werde der gute alte Nesenbach wieder sichtbar gemacht und damit könnte S21, wofür die Maßnahme offenbar getroffen wird, sogar etwas Gutes haben. Weit gefehlt!

Der geplante Tief- bzw. Schiefbahnhof wird eine gewaltige Barriere für alle Gewässer des Stuttgarter Talkessels werden, so das verrückte Projekt tatsächlich entstehen sollte. Das gilt auch für den größten Teil der Stuttgarter Abwässer, die der Nesenbach als unter der Oberfläche verlaufender Abwasserkanal gezwungenermaßen aufnehmen musste.

Um diese Barriere herum lässt sich der Nesenbach nun wenn man will: leider nicht verlegen. Sie ist nun mal total: eine unbezwingbare Sperre in der Flussrichtung alles Wassers, das zum Neckar hindrängt. „Verlegen“ lässt sich dieser Wasserstrom nun weder nach rechts, noch nach links. Was also tun, wenn nicht ein Aufstauen des Wassers im Talkessel erzeugt werden soll? Ein Düker muss her, eine Art Siphon, den man das Wasser des Nesenbachs hinabstürzen lassen will, so dass er unter dem Schiefbahnhof hindurchfließen kann und – so die Physik es ohne Nachhilfe von Pumpen erlaubt – dann wieder in höhere Gefilde aufsteigen wird.

D a s also ist gemeint mit „Nesenbach wird verlegt“.

Der Redaktionsartikel hält nun aber noch eine weitere Verwirrung bereit: „Da der Düker zukünftig unter dem neuen Durchgangsbahnhof liegt, muss d i e s e r zuerst fertiggestellt werden“, lese ich da. Nicht etwa, dass ich den Begriff „Bahnhof“ für schönfärberisch halte und „Haltepunkt“ angemessener – nämlich realistischer – gewesen wäre. Das hätte ich bei der Esslinger Zeitung natürlich nicht erwartet. Nein, wie heißt die Regel? Etwa so: Das Demonstrativpronomen (also: „d i e s e r“) bezieht sich auf das letzte davorliegende Substantiv des gleichen grammatischen Geschlechts. Das heißt: Zuerst müsse die Barriere (der „Durchgangsbahnhof“) gebaut werden. Dann könne man im Tagebau (denn der soll es nun eben doch sein) den Düker darunter quetschen! Ha! Ha!

Das Problem der Demokratie in postdemokratischer Zeit

Es „inspiriert und lenkt die ‚oligarchische Demokratie‘ der Gegenwart – das ‚gemischte System‘ oder wie man es nennen will – eine Masse, die durch die Allgegenwart des Bildschirms zugleich atomisiert und homogenisiert ist. Sie füttert und täuscht Myriaden Individuen mit den Glücksversprechen der Warenwelt. Sie merken nicht, dass sie einer geistigen und emotionalen Gleichschaltung unterworfen sind. Sie glauben an die eine universelle Wahrheit mit der sie jene permanent sprudelnde und mit Träumen gespeiste Quelle Tag für Tag versorgt.
(…)
Was am Ende – oder besser: beim gegenwärtigen Stand der Dinge – die Oberhand gewonnen hat, ist die ‚Freiheit‘. Sie ist im Begriff, die Demokratie zu besiegen. Wohlgemerkt nicht die Freiheit aller, sondern die Freiheit derjenigen, die aus dem Konkurrenzkampf als die ‚Stärkeren‘ hervorgehen (seien es Staaten, Regionen oder Individuen).“
Zitiert nach Luciano Canfora „Eine kurze Geschichte der Demokratie“ (im PapyRossa-Verlag, 2006) durch Robert Zion (siehe https://www.facebook.com/robert.zion.90)

Der Tod

Der Tod,
so einer um den andern,
wetteifert um meine Gefühle
mit dem blauen,
sonnendurchstrahlten Himmel.

Ewiges Ineinanderfließen
der Welten
verunsichert mich,
vermag zu verwirren.

Die Wege gehen,
die es nicht mehr gibt,
Erinnerungen halten,
als vergingen sie nicht,
wozu noch?

Aus dem Weg gehen
den Erinnerungen,
als könnte ich sie verdrängen,
ach wie?

Neue Qualitäten des Daseins
eröffnet der Tod,
nie gekannte.

Und tastend wage ich mich
in uneröffnete Zukunft.

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