Lyrisches von Helmut Maier

Monat: August 2015 (Seite 1 von 3)

Noch eine Unterbrechung: Kommentar zu der Flüchtlings-Situation in Europa aus der Sicht der Theorie der Lyrik

In dem taz-Kommentar mit dem Titel „Europa schottet sich ab“ von Daniel Bax las ich heute (am 26.8.2015), dass der Konkurrent des französischen Präsidenten Hollande, Expräsident Nicolas Sarkozy, die Flüchtlingsströme kürzlich mit einem Rohrbruch verglichen habe. Da ginge es ja auch darum, das Wasser zu stoppen, statt es gleichmäßig in der Wohnung zu verteilen. Das gebe vermutlich – so der Kommentator sinngemäß – zum Beispiel die Stimmung in Frankreich wieder.

Offenbar zeigt das, wie die Äußerungen von Leuten wie Sarkozys literarisch (und nicht nur als solches) einzuschätzen sind: als Schund! Es scheint zwar auf den ersten Blick so, als könne er Metaphern durchaus benützen. Zwar sind diese aber in einer lyrischen Sprache dazu da, um (noch) nicht vorstellbare, gute Alternativen aufzeigende Welten zu schaffen – falls sie literarisch als anspruchsvoll gelten sollen; dieser Hassprediger jedoch benützt die Metaphern „Rohrbruch“ bzw. ‚Wasserströme‘ nicht etwa dazu, um den wahren Charakter des Flüchtlings-Daseins zu verdeutlichen oder gar eine Lösung dieses Existenzproblems der Flüchtlinge aufzuzeigen.

Nein, es geht ihm offenbar nur darum, die Menschen, die unter einem unsäglichen Schicksal leiden, auch noch zu verunglimpfen: als ob sie nur dazu daseien, um uns Schaden zuzufügen. Wer den Schaden habe, suggeriert dieser Misanthrop, sei selber ein Schädling, bedürfe also nicht der Hilfe, sondern müsse abgewehrt werden.

Will man seine Weltanschauung mit etwas vergleichen, fällt einem vielleicht wie mir nur die Haltung der Nationalsozialisten gegenüber den Juden ein. Das also soll heutzutage national vertretbare Politik in einem europäischen Land sein? Nie und nimmer!

Flüchtlingsschicksal

Vor Gewalt geflohen sind sie.
Sie begegnen nicht nur Gefahren.
Nein, auch noch neuer Gewalt begegnen sie,

erfahren sie dort, wohin sie geflohen,
wo sie doch Hilfe erwarteten.
Unverständnis hier wie auch dort.

Und das ist das Schlimme dabei:
Menschlichkeit bleibt auf der Strecke.

Aha!

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Blühender Widerstand einer Sonnenblume
(ein Achtundzwanziger)

Sie trotzt allen Widrigkeiten:
„Abgeknickter Stengel? Kein Problem!
Wenn ich zum Blühen kommen will, dann tu ich’s!“

Staffa als Ossian-Traum erlebt

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Von Delfinen begleitet
führte das Boot uns
zu Fingals Höhle,
die das Meer in die Insel
aus Basaltsäulen erstellt
gefressen hat, die wiederum
das Echo freigab,
das Mendelssohn Bartholdy
in die Hebriden-Ouvertüre gebannt hat.

Weiter ab brüteten die Papagaien-Taucher
an den Klippen und boten ein köstliches Bild
allen Betrachtenden, welche das Schauspiel
aufs vorzüglichste entzückt dort genossen:
Die Farben der Schnäbel, sie leuchteten bunt
und gaben ein Leben wie keines ansonsten
den Felsen des meerumbrandeten Eilands.

Leider blieb wenig Zeit
dort so etwas wie heimisch zu werden.
Das Boot trug schon bald uns zurück
auf das Festland der größeren Insel
und ließ nur Erinn’rung noch zu.
Aber auch diese war so stark verankert
im Innern wie die gefälschten Verse des Ossian
in den verwirrten, begeisterten Köpfen Europas
damals hafteten und ewig diese umfingen.

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