Lyrisches von Helmut Maier

Monat: März 2016 (Seite 1 von 2)

Januarische Stufen

Die Stufen hinan
und dann
wieder zurück in Talgefilde.
Auf und ab,
ab und auf.

Velocipedenhaft
stürze ich mich
beflügelt hinab ins Filstal,
schreibe Gedichte in mein Hirn,
lerne sie auswendig.
Dort dann
schreibe ich sie
auf beliebige Zettel.
Später am Tag
keuche ich wieder hinauf
auf den Schurwald
und bring sie in Schönschrift.

Heute weiß ich nicht,
soll ich unten
dem blühenden Wiesengrund
meine Aufmerksamkeit schenken
oder mich ganz verlieren im Blau
da oben.

Oben und unten,
wo hält es mich länger,
wo werde ich festgehalten
für lange?

Zielgerichtet
in die eine oder andere Richtung
mich stürzen,
ich kann’s nicht auf Dauer
und ob ich’s schon wollte.

Erklimmen die Höhe,
mich verlieren im Tiefen,
will ich doch beides.
Gewiss ist mir gar nicht,
wo ich lande
am letzten Tag.

Vom wahren Paradies

Ach, Gehorsam sollten wir lernen
im Paradies.
Nicht zu uns selber kommen,
sondern zum Vater.
Wollte die Schlange
uns ebenfalls zähmen?
Eva befreite uns.
Manche Mühsal
nahmen wir auf uns.
„Empört euch“
kostet uns schon etwas.
Geerdet kamen dem wahren
Paradies wir aber
immer näher,
solange wir uns
kümmerten umeinander.

Im Bann des dunklen Zeitalters

Schimärenzüchter:
Geflissentlich überzeugen sie
mit Höllengetöse.
Das brauchen sie
als Unterwelt-Diener.
Besessene sind sie,
verpflichtet der Angst
vor dem Vergehen ins Nichts.

Bleiben wir hängen
auf leimbeschmierten Straßen
ins Hoffnungsvolle?
Glauben wir, dass es das gibt:
löwenhafte Gesinnung,
verbunden mit zickigem Getue
in gespaltener Rede?
Lassen wir uns einschüchtern
durch pseudoreligiöses Gehabe?
Schwer wiegt die Sorge
um Verlust an Erfolg,
um Strafe für nicht gewagte Versprechen.

Ach, ein Paradies
können wir niemals bieten,
aber Redlichkeit bleibe die Richtschnur
beharrlich,
auch wenn die Erben des Typhongeschlechts
verwirrende Sprachen erfinden
und Muster.
Auch wenn in Echidnas Manier
schöne Augen zu machen
sie sich mühen.
Ohne Beharrlichkeit können vor ihnen
wir uns nicht retten.

Magische Wahrheit

Wahrheit:
durchschaubar nicht,
aber erkennbar;
Bedingungen klar,
aber keine Dogmen;
Verzicht auf Krieg
gibt definitiv die delikatere Sauce
als der Bombenabwurf:
Blut ist eben nicht nur süß;
bitter der tödliche Nachgeschmack.

Der Wählerwille
ist unbekannt, erst recht
nach der Stimmenauszählung.
Konfusion:
Ergebnis der Klärung
durch ein Gemisch
aus Regeln und
regelmäßigen
unvorhergesehenen
Empfindlichkeiten.
Endlos aufschieben
lassen Entscheidungen sich selten.
Aber Verstörung
lässt sich oft nicht
vermeiden.

Liebe ist nicht immer
eindeutig beweisbar.
Magie mag vieles da ändern,
beweisen lässt sich durch sie
gar nichts.
Hass: oft der Liebe so nah;
oft aber ihr Tod.
Was wissen wir schon,
bevor wir’s erfahren?
Feindschaft oder Kooperation:
keine unauflöslichen Gegensätze.
Das Nordlicht verbindet
alle Farben des Unerfindlichen.
Die Himmelbläue
lässt sterben und leben.
Auf nichts ist Verlass
in der Verlassenheit.
Aber glückliche Fügung
lässt sich erkennen.
Die Blüte, wie sehr
bewundern wir sie am Ende.
Nur die Zeit bis dahin
ist manchmal unglaublich lang.

Gut ist’s
die Magie zu üben.
Worte sind doch genügend
vorhanden
und Laute
und Konnotationen,
manches Mal ja auch Reime,
und Herzblut als Kleister
des Unwahrscheinlichen,
das uns schließlich begeistert.

Schriftsteller-Magie

Ich schneide mir etwas ab
vom Kuchen der Realität,
unterscheide das Brauchbare
vom Unnützen, vom Banalen.
Ich wähle aus,
ich wähle.

Was ich mit meiner Wahl treffe,
erhebt einen Anspruch
auf Geltung
über die Mehrheit hinaus.

Wahrheit ist etwas
Ausgesondertes,
etwas Gekröntes,
Auserkorenes,
ein Diamant:
schneidend den härtesten Stahl.

Freiheit,
geistiges Sich-Erheben,
nicht über andere,
nein, schwebend
und leicht:
sie fliegt als Same
am Fallschirmchen
hinaus
auf der Suche
nach fruchtbarem Land
um zu wurzeln.

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