Lyrisches von Helmut Maier

Bundeswehr am Hindukusch – wie lange noch?

Unter dieser Fragestellung spricht heute Abend ab 18.00 Uhr Jürgen Rose, Diplom-Pädagoge, Oberstleutnant der Bundeswehr a.D. im AK »Darmstädter Signal« im Salemer Pfleghof (Paulussaal) Esslingen, Untere Beutau 8 – 10 .
Siehe dazu die Einladung des Friedensbündnisses Esslingen hier: https://www.friedensbuendnis-esslingen.de/veranstaltungen.html

Siehe besonders auch – das gilt explizit erst recht für alle, die nicht nach Esslingen kommen können – das Vorabinterview in der Esslinger Zeitung von heute (das ein paar Tage lang hier zu finden sein sollte: https://www.ez-online.de/lokal/esslingen/esslingen/Artikel530195.cfm ).

Der Titel des Interviews lautet: „Westliche Demokratien missbrauchen ihre Streitkräfte“

HEUTE, 13. März, will ich noch hinzufügen, dass mir noch nie die weittragende Klärung der Tatsache so bewusst geworden ist, dass es sich beim Afghanistankrieg völlig um eine völkerrechtswidrige Aktionskette handelt, wie beim gestrigen Vortrag von Jürgen Rose.
Aus Wikipedia möchte ich über Jürgen Rose noch dies zitieren: „Am 15. März 2007 bat Rose aus Gewissensgründen in einem Schreiben an seinen Vorgesetzten um Entbindung von allen Aufträgen, die seine Mitarbeit an Unterstützungsleistungen, die den Einsatz von Tornado-Jets zur Kampfunterstützung in Afghanistan sowie generell die von ihm als völkerrechtswidrig erachtete „Operation Enduring Freedom“ betreffen: „Im Hinblick auf die von der Bundesregierung getroffene Entscheidung, Waffensysteme TORNADO der Bundesluftwaffe zum Einsatz nach Afghanistan zu entsenden (Antrag der Bundesregierung vom 8. Februar 2007 – BT-Drs. 16/4298), den daraufhin am 9. März 2007 erfolgten Zustimmungsbeschluss des Deutschen Bundestages sowie die mittlerweile ergangene Befehlsgebung des Streitkräfteunterstützungskommandos zur Umsetzung dieser Entscheidung erkläre ich hiermit, dass ich es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren kann, den Einsatz von TORNADO-Waffensystemen in Afghanistan in irgendeiner Form zu unterstützen, da meiner Auffassung nach nicht auszuschließen ist, dass ich hierdurch kraft aktiven eigenen Handelns zu einem Bundeswehreinsatz beitrage, gegen den gravierende verfassungsrechtliche, völkerrechtliche, strafrechtliche sowie völkerstrafrechtliche Bedenken bestehen. Zugleich beantrage ich hiermit, auch von allen weiteren Aufträgen, die im Zusammenhang mit der „Operation Enduring Freedom“ im allgemeinen und mit der Entsendung der Waffensysteme TORNADO nach Afghanistan im besonderen stehen, entbunden zu werden.“ [1] Rose wurde daraufhin durch den SPD-Wehrexperten Rainer Arnold aufgefordert, angesichts seiner massiven Vorbehalte den Dienst mit der Waffe zu quittieren und aus der Bundeswehr auszuscheiden[2].

Ein Hauptmann des KSK bezeichnete Rose im Juli 2007 unter anderem als „Feind im Inneren“ und drohte ihm per E-Mail mit den Worten: „Sie werden beobachtet, nein nicht von impotenten instrumentalisierten Diensten, sondern von Offizieren einer neuen Generation, die handeln werden, wenn es die Zeit erforderlich macht.“ Für diese Drohung wurde lediglich ein Verweis als einfache Disziplinarmaßnahme ausgesprochen. Der Wehrbeauftragte Reinhold Robbe sah diese Strafe als unangemessen gering an, [3] zumal Rose seitens der Bundeswehr für seine Reaktion auf dieses Drohung (er hatte in dem Zusammenhang das KSK als Kloake bezeichnet) mit einer Geldbuße von 3.000 € wegen Beleidigung belegt wurde[4].

Rose wurde nach seiner Weigerung „gewissensschonend“ in Aufgaben zur Unterstützung des Kommandanten der Bayern-Kaserne in München verwendet und ist inzwischen als Oberstleutnant in den Ruhestand getreten.

Rose ist seit November 2006 Mitglied im Vorstand des Arbeitskreises Darmstädter Signal.“

8 Kommentare

  1. Mats

    Bleib die Frage, ob die Betrachtung dieses Themas nicht zu einseitig gerät, wenn man einen Menschen mit diesen Erfahrungen darüber referieren lässt.
    Dass ein Mann, welcher sich nicht mit den Zielen der Bundeswehr im Ausland identifizieren kann, für den Dienst an der Waffe nicht mehr tragbar ist, stellt für mich eine einleuchtende Schlussfolgerung dar. Wo Krieg herrscht, werden per Definition immer Rechte verletzt. Man könnte sagen, dass hätte Herr Rose auch vorher wissen können.

  2. Helmut

    Lieber Mats,

    Die Leute vom Darmstädter Signal – auch die, welche noch in der Bundeswehr Dienst tun – gehen davon aus, dass Militär n u r zur Landesverteidigung erlaubt ist; das entspricht dem ursprünglichen Willen des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland, das in den letzten Jahren in diesem Punkt immer weiter ausgehöhlt wurde: bis hin zu dem schrecklichen Satz, dass Deutschland auch am Hindukusch verteidigt werde.

    Das Grundgesetz gebietet nach Artikel 25 zur Wahrung des Völkerrechts. Auch das ist bei einem Krieg, der mit Sicherung von Ressourcen zu tun hat, höchst fraglich, ob das gewährleistet ist.

    Wenn da, wo Krieg herrscht, „per Definition immer Rechte verletzt“ werden (Deine Worte!), dann ist jedes kriegerische Eingreifen Deutschlands (oder überhaupt eines Staates) eben rechtswidrig!

    Ich weiß nicht, ob Dich das überzeugt, lieber Mats; aber das ist meine Haltung.

    Herzlichen Gruß
    Helmut

  3. Helmut

    Vielen Dank für die Verlinkung, lieber Petros.

    Herzlichen Gruss
    Helmut

  4. Mats

    Naja, was heißt überzeugen. Natürlich ist es richtig was du sagst. Du widersprichst ja auch nirgends meinen Äußerungen. Krieg ist immer rechtswidrig, auch der Krieg am Hindukusch.
    Aber wie würde es dort ohne deutsche militärische Expertise aussehen? Das KSK trägt neben anderen Truppenteilen zur Stabilität dieser Regionen bei. Zugegeben, es ist eine trügerische Stabilität, aber es ist momentan besser als garkeine. Man zeige mir eine adäquate Alternative zu bewaffneten Konflikten, und ich bin der erste Anhänger. Aber man kann sich keiner Horde bewaffneter Rebellen mit dem GG in der einen und einer weißen Taube in der anderen Hand entgegenstellen.

  5. Helmut

    Lieber Mats,

    Nach den Erfahrungen mit dem Jugoslawienkrieg (wo vor der Bombardierung von Völkermord die Rede war und in Kampfauseinandersetzungen umgekommene Kosovoalbanische UCK-Rebellen, die in einem Schlosshof zusammengetragen worden waren, als Opfer dieses Völkermords fotografiert wurden) oder im Irak (wo angebliche Massenvernichtungswaffen vorhanden gewesen sein sollen, was sich hinterher als Falschmeldung des CIA herausstellte) – nach diesen und ähnlichen Vorfällen glaube ich den Beteuerungen, dass es sich immer um humanitäre Interventionen gehandelt hätte, auch im Fall Afghanistans nicht mehr: Kennst Du die „Horde bewaffneter Rebellen“ dort, weißt Du genau über sie Bescheid? Jedenfalls sind die Amerikaner, die den Plan Brzezinskys (eines Beraters von Obama! – wie schon anderer Präsidenten vor ihm) vorantreiben, für eine Vormachtstellung der USA in Zentralasien alles Denkbare zu tun, froh darüber, wenn die amerikanische Armee nicht so rasch aus Afghanistan abziehen muss. Viele Afghanen sind der Meinung, dass Selbstmordattentate durch amerikanische agents provokateurs initiiert worden sind, damit die USA noch recht lange (von vierzig Jahren war die Rede) dort bleiben müssen – und möglichst auch ihre Verbündeten.

    Die ’nationalen‘ afghanischen Militärs sind sicherlich nicht in der Lage es mit den aufständischen Talibans aufzunehmen – wie aber sieht es mit den Privatarmeen der ‚ehemaligen‘ Warlords aus, die in vielen Provinzen die Macht haben? Gewiss würde Karzai mit seiner korrupten Regierung nicht als Chef Gesamt-Afghanistans überleben, wenn die westlichen Truppen abziehen. Damit hätten die Talibans aber noch lange nicht dort die Herrschaft, die sie früher nur mit riesiger amerikanischer Hilfe gegen das sowjethörige Regime aufrichten konnten. Um aber Afghanistan nicht den Warlords auszuliefern, nützen höchstens echte Friedensverhandlungen mit allen Seiten.

    Wer solche Überlegungen in seine wirklich dem Frieden förderliche Strategie einbeziehen würde, der würde es nicht
    „mit dem GG in der einen und einer weißen Taube in der anderen Hand“ tun.

    Ich erinnere mich noch sehr gut an die Zeiten, als Kriegsdienstverweigerern in den mündlichen Verfahren die Frage vorgelegt wurde: ‚Stellen Sie sich vor, Sie sind mit Ihrer Freundin im Wald unterwegs und eine Horde Bewaffneter würde Sie angreifen wollen – Sie haben eine MP dabei. Was würden Sie tun?
    Auf die Antwort meines Schwagers, er habe keine MP dabei und auch als Streetworker (der er damals war) sei er immer unbewaffnet, sonst hätte er schon verschissen, war die Kommission offenbar nicht vorbereitet: ihm wurden seine Gewissensgründe abgenommen.

    Ich glaube, dass die Propaganda für angeblich humanitäre Interventionen durchaus ganze Arbeit geleistet hat, damit man zu der Aussage Deines letzten Satzes kommt.

    Mit freundlichen Grüßen
    Helmut

  6. Mats

    Ich unterstelle den Interventionen kein humanitäres Interesse. Und ich unterstütze auch keineswegs überhaupt auch nur die Existenz der Bundeswehr. Bei Diskussionen muss man nur auch immer im Hinterkopf behalten, dass das alles sehr komplexe Themen sind. Hier geht es um völkerrechtliche Verträge, Loyalität, wirtschaftliche Abhängigkeiten, aber gleichzeitig darum, eine weitere Eskalation in den betreffenden Gebieten zu verhindern.

    Und dass es bewaffenete Demokratiefeinde in Afghanistan zur Genüge gibt, wage ich einfach einmal zu unterstellen. Ich denke, da liege ich nicht sonderlich falsch, trotz offenkundig stattfindender Propaganda.

  7. Mats

    Hoffentlich bekomme ich nach dem Kommentar noch ne Arbeitsstelle 😀

  8. Helmut

    Lieber Mats,

    Danke für Deine Ergänzungen. Die will ich Dir gerne zugestehen.

    Liebe Grüße
    Helmut

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

© 2024 Maier-Lyrik

Theme von Anders NorénHoch ↑