Lyrisches von Helmut Maier

Kategorie: Neue Maier-Lyrik (Seite 1 von 10)

Übermorgen

Übermorgen

schließe ich mich

der Masse an.

.

Am Brandenburger Tor

beginnt die (große?) Demo

gegen den Krieg in Gaza

und gegen den Krieg in der Ukraine

und gegen die Kriege sonst irgendwo.

.

Ach, wie hoffe ich auf große Zahlen!

Und offene Herzen für alle,

die davon hören.

.

Frieden ist doch möglich!

Frieden in Palästina

Die Weisheit fehlt.
Die Weisheit gibt es.
Weise Jüdinnen und Juden 
bitten um den Frieden.
Weise Palästinenser*innen
bitten um den Frieden.

Warum hört man nur
die furchtbaren Krieger*innen?
Mehrheit – hat sie denn immer Recht?

Jahrzehnte lang hörte man nur,
was die Mehrheit forderte.
Nicht, was die Weisheit gebot.

Ach, wir alle
hören nur unweise
Ansprüche
und nicht,
was zum Frieden führt.

Bis sich die Weisheit
durchsetzt.




Hand in Hand

Hand in Hand.

Nein, wir gehen nicht

spazieren in der Vollmondnacht,

wir liegen,

ein jedes in seinem Bett.

Unsere Finger aber

sind verwoben ineinander.

Wir halten uns,

weil wir sonst abstürzen würden

möglicherweise

in die Nacht der finsteren Träume.

Wir aber,

ein jedes in seinem Bett,

beginnen zu träumen

vom ewigen Frieden.

Das wahre Leben

Die Asterchen, die roten, die feinen,
ich liebe sie,
sind sie auch angebunden
an eine Rosenstaude, eine gelbe
(ist‘s das, was so entzückt?)

Auf jeden Fall ist es das volle Leben
der vielen, vielen Wildbienen.
Es ist ein richtiges Gewusel
und wenn schon eine auf der Blüte sitzt,
wenn noch die andre erst im Anflug ist,
so schwirren beide auf.

Wo doch so viele Blüten
zur Auswahl sind.

Ich liebe sie,
sie sind so vorsichtig
und keine will
die andre stören.

Ich liebe sie so sehr!

Deutschland im Mittelalter

Wir befinden uns wieder
im Mittelalter.
Wir glauben – nicht: wir wissen –
dass Russland die Sanktionen
nicht überleben
kann.

Wir glauben – immer noch –
dass Russland besiegt
werden kann,
wenn wir die entsprechenden Mittel
bereitstellen,
koste es, was wir uns
nicht leisten können.

Denn unsere Gesellschaft
wird immer ärmer, wenn
wir die Superreichen
nicht mitzählen.

Wir glauben – immer noch –
dass wir die Guten sind,
dabei verletzen wir die Rechte
der Ärmsten im Land und verstehen nicht,

warum die Staatsfeinde davon profitieren.

Wir glauben – und das immer noch –
dass wir das überleben
werden,
denn
in unseren Augen ist Putin
der Teufel in Menschengestalt
und den heißt es zu besiegen,
auch wenn die Weltlage
sich völlig verändert hat.

Und wir glauben – und wirklich widerspricht das der Lage –
dass der Kapitalismus
den Menschen das Himmelreich verspricht
und wollen wir das immer noch glauben?

Oder


Wir kämpfen nicht.
Nein, wir geben Geld
und Waffen
und Kriegsgerät
in die Ukraine.

Oder: wir sind
nicht Antisemiten,
wir sind fürs Recht
auf Siedlungsbau,
das Palästinenser*innen
nicht haben
im Heiligen Land.

Oder wir beziehen
Gas aus Katar,
russisches Gas aus Indien,
Fracking-Gas
aus USA,
das nicht aus Deutschland stammen darf.

Oder, oder, oder …

Friedlich?

So friedlich.
Die Felsengipfel am nahen Horizont
in rotem Glanz.
Alpenglühen.
Immer wieder und
neu belebend
jedesmal.

Friedlich?
Als könnte es ewig so bleiben?
Wenn wir Menschen es
wirklich wollen
und nicht nach Vergeltung rufen,
wo wir Vergebung brauchen,
dann vielleicht
nach menschlichem Ermessen.

Aber nicht so,
wie es gegenwärtig aussieht,
so feindlich,
so auf Profit versessen,
ja: Profit von wenigen,
die uns glauben machen wollen,
dass wir auch „was hätten davon“.

Nein, so nicht.

Schwalben und Bergspitzen

Wir sitzen auf dem Balkon.
Vor uns eine Bergkette
mit schroffen Bergspitzen.
Eine Nebelkette lagert sich
den Bergen entlang
waagerecht ab,
bildet die Silhouette
der Berge dahinter
fast völlig nach.

Vor der Bergkette
weitere Berge und Hügel,
das Land noch davor
erfüllt durch die Schar
von eifrigen Schwalben,
die ihre Flugkunststücke
prächtig vorführten.

Ihre Schattenrisse
füllten die Fensterrahmen und Wände
neben dem Balkon, auf dem wir saßen:
so friedlich alles.

Noch einmal

Noch einmal dieses Jahr
erwarten wir wärmere Tage.
Im Urlaub vielleicht.
Im Nachgeben gegen die Müdigkeit.
Im Aufstehen jeden Tag
mit dem Bewusstsein:
Heut packen wir’s.
Heut‘ ist der Höhepunkt
unserer Reise.

Noch einmal
will ich es spüren:
dieses Kribbeln im Bauch.
Geschafft:
Es wird so schön,
wenn man sich gehen lässt,
ohne Verzicht auf das Leben.

Dieses Leben,
das uns bewirkt,
das uns birgt,
das uns neu belebt,
das uns stärkt,
das uns stärker macht,
das uns auf später vorbereitet,
wann es wieder heißt:
Noch einmal.

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