Zur lyrischen Einstimmung zuerst mal ein älteres Gedicht:

Etymologie

Goldgeäst des Vergehens.
Graugeäst der Erfahrung darunter.
Vielleicht bleibt die
im Wort
als Kristallstruktur
der Kommunikations-Tools
im Speicher der Völker.

Die reale Welt und die (bei den antiken Kelten geglaubte) Anderswelt lassen sich meiner Erfahrung nach mit Lyrik in Beziehung bringen und dadurch neue Welten erschaffen. Dies ist die Grundstimmung, aus der heraus meine Lyrik entsteht. Ich verstehe sogar Lyrik überhaupt so, dass sie nicht die reale Welt, auch nicht reale Gefühle, Stimmungen usw. einfach abbildet, ohne dass Beziehungen zu anderen Welten mitspielen. Damit hat Lyrik die Funktion, Alternativen aufzuweisen und (nach-)empfinden zu lassen und zu einer besseren Welt beizutragen.

Deshalb mag ich Vergleiche mit „wie“ nicht so sehr, wenn genausogut davon ausgegangen werden kann, dass Identifikationen in den verglichenen Bildern, Gegenständen, Situationen, Begebenheiten usw. auftreten (könnten). Wenn aber davon n i c h t ausgegangen werden kann, finde ich wie-Vergleiche meistens platt.

Außerdem mag ich Reime nicht so sehr, wenn sie den Eindruck vermitteln, dass das, was sich reimt, auch stimmt, ohne dass die empfundene Wahrheit durch die lyrische Empfindung abgedeckt ist.

Das heißt aber nicht, dass ich Form für eine untergeordnete Kategorie der Lyrik halte. Die Sprache muss einen passenden Rythmus haben und einer passenden Sprachebene angehören. Das alles hängt jeweils mit den Wesensmerkmalen der zur Deckung gebrachten „Realitäten“ zusammen.

Vorläufige Schlussbemerkung: Eine unerschöpfliche Quelle der Lyrik ist übrigens die im Eingangsgedicht apostrophierte Etymologie, also die Kunde von der Herkunft der Wörter. Wie viele verschiedene Ebenen der Realität, also wie viele Welten oft in einem Wort zusammenfließen, ist für mich immer wieder faszinierend.