„Brittas Tselan“ muss ich offenbar noch ein bisschen erklären:

Eine Frucht meiner kürzlichen Provencereise war auch, dass ich Zeit und Lust und Muße fand, ein Buch zu lesen, das ich schon sehr lange auf meinem Stapel nichtgelesener Bücher liegen gehabt hatte: Brigitta Eisenreich, Celans Kreidestern, Suhrkamp-Verlag Berlin 2010.

Brigitta Eisenreich war 10 Jahre lang in einer Verbindung mit Celan, die jahrelang geheimgehalten wurde, weil Celans Ehe durch sie nicht gefährdet werden sollte. In dem genannten Buch berichtet sie über diese Zeit und was sie für Celans Schaffen für eine Bedeutung hatte. Unter anderem erfuhr ich, dass Britta (so wurde sie normalerweise genannt) dafür eintrat, dass Celans Name korrekt deutsch ausgesprochen werden sollte, also Tselan, wobei wohl ursprünglich die Betonung auf der ersten Silbe lag, aber in Frankreich auf die zweite Silbe rutschte.

Eine wichtige Rolle im Leben Celans, das wird in dem Buch deutlich, ist seine Auseinandersetzung mit dem Judentum. Nicht der rein religiöse Aspekt war für Celan bedeutsam – er war eigentlich Atheist – aber das in der Nazizeit und auch der Geschichte davor durch die Juden erlittene Leid läuterte das Verhältnis der Juden zu Gut und Böse in einer Art und Weise, die Celan dazu führte, das Judentum als lebende Metapher für das Eintreten für Humanität in der Welt zu sehen. Das führte in dem Verhältnis Celans zu seiner Geliebten Britta schließlich dazu, dass er sie aufforderte, „verjude dich doch“ – wohl, weil er in der Beziehung da in dem sich bereits ankündigenden Ende unter einer schmerzlich erlebten Entfremdung litt – was aber diese wohl eher noch verstärkte. Es ist ja auch nicht einfach den Begriff der Verjudung im Nazi-Jargon als Beschimpfung und den der humanistischen Metapher Celans auseinanderzuhalten.

Ich habe in meinem Gedicht versucht, diese Diskrepanz in unsere Gegenwart zu übertragen und wäre eigentlich sehr gespannt, ob dem jemand etwas abgewinnen könnte.

Um leichter zwischen dieser Erklärung und dem Gedicht hin- und herzuswitchen, hier der Link dorthin: https://www.maierlyrik.de/blog/2017/06/02/brittas-tselan/