Lyrisches von Helmut Maier

Monat: Juli 2018 (Seite 1 von 4)

Das Wunder der Giebelspitze

Von welcher Giebelspitze
dränge mein Lied
an das Ohr Vieler?

Es müsste dann auch
ein blauer Tag sein wie heute
und mich umfinge die Sehnsucht,
immer diesem Blau
verbunden zu bleiben
in einer unendlichen Situation
wie dieser noch vor der Mittagshitze.

Und alle verstünden mein Lied,
alle wenigstens, die es anginge
und die glücklich wären,
es gehört zu haben
und es nachzusummen
und wieder und wieder
den Text sich vorzunehmen
und zu durchdringen.

Die Amsel aber
macht mir den Platz streitig;
so lausche ich eben ihrem Gesang.

Penn-da-benn: Bretagne-Dreizeiler – eine Zusammenstellung

Bretagne I*

Ein Schmetterling umgaukelt mich.
Ich sei schon am vorläufigen Ziel.
Gräser wiegen sich auf der hohen Düne.

*ein Achtundzwanziger


Bretagne II*

Der Himmel putzt sich von weit her.
Blau färbt er sich draußen vom Meer her.
Gestern Abend versuchte er es auch schon.

*ein Achtundzwanziger

Bretagne III*

Wie fordernd sie quiekt, die Elster!
Sie will die Gesellschaft von andern.
Aber zu nahe kommen soll ihr keiner.

*ein Achtundzwanziger

Bretagne IV (aus Kerlouan)*

Ganz am Ziel im Land der Heiden.
Epaves du „Pays Pagan“** las ich,
und zwar auf der alten Karte an der Wand.

*noch ein Achtundzwanziger

Bretagne V

Sie lieben das Meer.
Es reicht hin bis Kanada.
Es ist ja ihr Meer.

Bretagne VI

Und hoch springt die Gischt.
Schon die Flut bewirkt dieses.
Blau verdrängt Wolken.

Am Abend* (Bretagne VII)

Im Grau geht der Tag bald dahin.
Grau der Himmel, grau das Meer. Ganz grau.
Bald schluckt die Nacht alle Farben des Tages.

*wieder ein 28er

Neuer Tag (Bretagne VIII)*

Die Farben der Blumen, der Sträucher, des Grüns:
Zur Freude sind sie alle zurück.
Doch das Blau von Himmel und Meer?

*ein reziproker Achtundzwanziger

Wohlfühlort (Bretagne IX)*

Wilde Orchideen umrahmen das Haus;
dem Meer zugewandtes Domizil.
Freiheit in der ersten Linie.

*ein reziproker Achtundzwanziger

Bewegung (Bretagne X)*

Felsen, Inselchen und Inseln.
Es arbeitet sich ab an ihnen,
dieses immerfort sich bewegende Meer.

*ein 28er

Bretagne XI

Weit draußen im Meer
gischtet die Welle empor
an einem Felsen.

Wandel (Bretagne XII)*

Vom Nebel verschluckt: die Sonne.
Sie hatte erst noch so warm gescheint.
Einen ganz wunderbaren Nachmittag lang.

*ein Achtundzwanziger

Urgewalten (Bretagne XIII)*

Der Kampf zwischen Wasser und Land,
an dieser granitenen Küste
manifestiert er sich in mächtigem Gischt.
.
*ein Achtundzwanziger

Wettstreit (Bretagne XIV)*

Zarte Wellen im Gerstenfeld
und die mächtigen Wellen im Meer
liegen im Wettstreit um den größeren Glanz.

*ein Achtundzwanziger

Zur Ruhe kommen (Bretagne XVI)

Das silberne Meer.
Schattenrisse der Felsen.
Bald ist Tagesschluss.

Bretagne XVII

Bretonischer Wind.
Wie er doch weht so geschwind!
Mit ihm geht die Zeit.

Das Loiretal

Die Bretagnereise hatte nicht nur die Bretagne zu bieten. Auf der Hinreise gab es die Ile de France mit all den Erinnerungen, die wieder wach wurden. Und da war Chartres. Das war wie eine Pilgerschaft zu einem bekannten Ort. Die Rückreise nach Hause führte dann durch das Loiretal. Mal was anderes …

Das Loiretal*

Das Loiretal war neu für mich.
Ich erhob keinerlei Ansprüche.
Es war einfach nur interessant und schön.

*ein Achtundzwanziger

 -

Die letzte Station unserer diesjährigen Reise in der heutigen Bretagne

Der Golf von Morbihan in der Bretagne muss in der Jungsteinzeit eine bedeutende Rolle in der kulturellen Menschheitsgeschichte gespielt haben, mindestens in Europa. Er und seine angrenzenden Gebiete sind voller megalithischer Zeugnisse der ganz besonderen Art. Die Alignements von Carnac sind wohl einzigartig, um von den vielen Zeugnissen jener Epoche nur mal sie zu nennen. Wir haben vor vielen Jahren auf zwei Reisen in die Bretagne eine Menge davon besucht.

Zwei weltberühmte Denkmäler dieser Zeit haben wir damals auch besucht: Gavrinis – ein Cairn auf einer Insel im Golf mit einer tempelartigen Ganganlage und einem außergewöhnlich in der Erinnerung haftenden „Chor“ mit äußerst kunstvoll gravierten Mustern auf den Schauseiten der Endsteine ( https://de.wikipedia.org/wiki/Gavrinis#/media/File:Gavrinis_Gang.jpg ) – und einen Dolmen in Locmariaquer, der wohl auch einmal eine Ganganlage in einem Cairn war. Er hat auch einen sehr wertvoll gestalteten Endstein und einen ebenfalls gravierten Deckstein.

So etwa wie auf dieser Abbildung habe ich den Dolmen von Locmariaquer damals gesehen: den „Table des Marchands“:

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Und so sieht der Cairn aus, der inzwischen in einer nur mit Eintrittsgeld erreichbaren Anlage zusammen mit noch einem Cairn und einem zerbrochenen Riesen-Menhir (dem urprünglich wohl höchsten bekannten der Welt) präsentiert wird:

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Er ist inzwischen nach dem Vorbild von Gavrinis über der ehemals als Dolmen zu sehenden Ganganlage errichtet worden. Innen ist die Atmosphäre eines Tempels natürlich viel deutlicher zu spüren als früher beim Dolmen:

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Trotzdem beschlich mich dieses Mal beim Besuch der ganzen Anlage das – wohl unberechtigte – Gefühl einer kommerzialisierten Angelegenheit. Ich war eigentlich enttäuscht, obwohl mir klar war, dass der Schutz dieses Weltkulturerbes so etwas nötig gemacht hat. Ich hatte einfach etwas anderes erwartet. Schade trotz allem Verständnis!

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